#049 Boden gut, alles gut? Regenerative Landwirtschaft im Check
Shownotes
Rein ins Regenwurmparadies! In dieser Folge fährt Timo zu Landwirt Lutz, der nicht nur Kühe, Kälber und Milch liebt, sondern auch: Gesunden Boden. Und den bekommt man - laut Lutz - nicht mit schwerem Gerät, sondern mit "regenerativer Landwirtschaft". Was genau das ist, wie man es umsetzt und wie sich das Ganze auf Kühe, Klima und Geldbeutel auswirkt, erfährt Timo direkt vom Fachmann.
Gemeinsam gehen sie einmal vom Futteranbau auf dem Acker bis zum Melkstand alle Schritte des Milch-Kreislaufs durch - und was da bei Lutz besonders ist. Denn der lässt z.B. statt Pflug lieber Regenwürmer und Pilze für sich arbeiten und baut seinen Kühen ein Zelt statt einen Stall.
Zwischen Zwischenfrüchten, Stallzelten und Spatenstichen gibt’s jede Menge Aha-Momente. Und zum Schluss sogar noch einen Blick auf die nächste Generation, denn die Hofnachfolger stehen schon in den Startlöchern - auch wenn's noch ein paar Jährchen hin ist.
Transkript anzeigen
00:00:00: *Musik*
00:00:07: So, wir sind wieder da.
00:00:09: Wir sind hier so in der Ecke um Hildesheimer rum.
00:00:11: Schimpft sich Hildesheimer Börde.
00:00:13: Und da habe ich, war nicht eigentlich mir sehr schlau,
00:00:16: habe ich mal gelernt, dass die Börde für einen guten Boden steht.
00:00:19: Und deswegen eigentlich eher Ackerbau betrieben wird.
00:00:22: Ich gucke mich mal um und ich glaube, keine Kühe weit und breit.
00:00:25: Außer der Hof fuhr ich hier, aber das wäre ich nicht da, ne?
00:00:27: Was haben die falsch gemacht? Fahre ich gleich.
00:00:29: Dafür muss ich allerdings Hofherlutz finden.
00:00:31: Der beantwortet mir nämlich hier heute meine schlauen Fragen.
00:00:35: Und ich sag mal so, ihn zu finden, war nicht schwer.
00:00:38: Aber dafür fällt mir zuerst was anderes ins Auge.
00:00:41: Das ist, das kann man so eine Auto nennen.
00:00:43: Das ist ein Auto, was so groß ist wie mein Rucksack.
00:00:45: Hat auch nur drei Reifen und kann glaube ich laut Schild 25 km/h fahren.
00:00:50: So ein kleines Auto und so ein großer Mann.
00:00:52: Ja, es ist nicht mein Auto. Hallo, es ist einer unserer Mitarbeiter.
00:00:56: Ich hätte auch nicht gewusst, wie du da reinkommst.
00:00:58: Aber wie man in einen Gespräch reinkommt, das weiß ich.
00:01:01: Und deshalb frage ich Lutz erst mal,
00:01:03: wie er und die Kühe hier auf den heiligen Bördeboden gekommen sind.
00:01:06: Er verrät mir direkt, der Hof war nicht immer hier.
00:01:09: Die alte Hofstelle gibt es noch, die ist im Dorf in Bierbergen.
00:01:12: Und es ist eine ganz alte Hofstelle von 1735 steht da am Balken.
00:01:18: Über Generationen weitergegeben.
00:01:20: Und Bierbergen hat eine besondere Charakteristik.
00:01:23: Es ist ein Haufen Dorf.
00:01:25: Bedeutet, dass in der Mitte des Dorfes die Höfe sind
00:01:27: und außen rum gesiedelt wurde.
00:01:29: Das bedeutet aber gleichzeitig für Milchviehhaltung,
00:01:31: da wird es irgendwann eng.
00:01:33: Und deshalb stand die Entscheidung an,
00:01:35: entgegen dem Trend in dieser Region.
00:01:37: Wir sind hier am Rande der Hildesheimer Börde
00:01:39: und haben einen sehr guten Ackerbaustandort,
00:01:41: sich weiter mit Milchviehhaltung auseinanderzusetzen.
00:01:44: Und den Platz hatte Lutz wirklich bitter nötig.
00:01:46: 500 Kühe und 20 Mitarbeiter sind heute auf seinem Hof.
00:01:50: Und die müssen schließlich auch alle irgendwo unterkommen.
00:01:53: Also die Kühe meine ich.
00:01:54: Ich habe hier glaube ich drei Ställe gesehen.
00:01:56: Einer, zwei und einer noch da hinten.
00:01:57: Genau.
00:01:58: Mit Familienbetrieb, um das noch kurz abzuklappern.
00:02:00: Heißt, dass deine Kinder auch da sind,
00:02:03: dass die irgendwie auch hier schon eingeplant sind.
00:02:06: Oder ist das so wie, die können machen, was sie möchten.
00:02:08: Aber meistens werden sie dann doch.
00:02:09: Ich glaube als Eltern,
00:02:11: die diesen Beruf ausüben, wünscht man sich das sehr.
00:02:14: Das Kinder sich dafür interessieren
00:02:16: und sich beruflich vielleicht auch in diese Richtung orientieren.
00:02:20: Aber erzwingen kann man es nicht.
00:02:21: Aber bevor wir uns um die neue Generation kümmern,
00:02:24: geht es erstmal um Regeneration.
00:02:26: Denn ich darf hier heute was über
00:02:28: regenerative Landwirtschaft lernen.
00:02:30: Was soll das überhaupt sein?
00:02:31: Erstmal ist regenerative Landwirtschaft
00:02:33: kein geschützter Begriff.
00:02:34: Da verstehen verschiedene Leute verschiedene Sachen runter.
00:02:37: Das ist einfach eine Strategie,
00:02:39: darüber nachzudenken, was man Gutes tun kann,
00:02:42: um Fruchtfolge zu erweitern,
00:02:44: Biodiversität in die Flächen zu bekommen.
00:02:48: Humusaufbau, so wenig Bodenarbeitung oder Bewegung wie möglich.
00:02:52: Dünger und Pflanzenschutzmittel einzusparen.
00:02:55: Tiere insgesamt mit in diesen Kreislauf aus Fotosynthese,
00:02:59: nutzenden Pflanzen, die Verwertung sicherzustellen
00:03:02: und den Nährstoffkreislauf zu schließen.
00:03:04: Ja, das sind die wesentlichen Aspekte.
00:03:06: Uiuiuiuiuiui, wo fangen wir da nur an?
00:03:08: Na, am besten da, wo auch der Kreislauf beginnt,
00:03:10: den Lutz gerade schon erwähnt hat.
00:03:12: Auf dem Acker.
00:03:13: Während wir Hinschländern,
00:03:14: versuche ich noch, mich an das schwere Wort "regenerativ"
00:03:18: ranzutasten.
00:03:19: Klang jetzt so ein bisschen für mich,
00:03:20: wie wenn es ein Wort wäre, was auch mit Umweltfreunden zu tun hat,
00:03:23: mit Klimaschutz, dass es so eine Ecke anzusieden ist.
00:03:27: Das können Aspekte sein.
00:03:28: Ich würde es ganz grob umreißen mit Nachhaltigkeit.
00:03:32: Das ist ein stark benutztes Wort.
00:03:34: Ich hört dir davon, ja.
00:03:35: Weil ein wesentlicher Aspekt sich darum dreht,
00:03:38: eine Verbesserung der natürlichen Bedingungen zu erreichen.
00:03:41: Und irgendwie geht ja alles erst mal auf dem Acker los.
00:03:43: Da wächst das Futter für die Kühe,
00:03:45: können wir irgendwo einen über den Zaun mal uns angucken zumindest.
00:03:48: Ja klar.
00:03:49: Und mit Spaten oder ohne?
00:03:51: Ich hätte auch Lust, ein Regenwurm zu sehen.
00:03:53: Dann hole ich mal eben einen.
00:03:54: Au ja, in der Erde buddeln.
00:03:55: Plötzlich ist sie da, die kindliche Vorfreude.
00:03:58: Und Lutz hat sogar genau das passende Modell.
00:04:00: Hast du nicht was von Spaten erzählt?
00:04:01: Ja, das ist Spaten für Grundschüler.
00:04:03: Ja, das ist mein Niveau.
00:04:05: Mein Survival-Spaten.
00:04:08: Weil der hier an der Seite so zacken.
00:04:09: Das klingt, kann man auch noch was mit sägen.
00:04:11: Das ist ja praktisch.
00:04:12: Erst kleine Autos, dann kleine Spaten.
00:04:16: Und jetzt gibt es auf dem Weg zum Acker
00:04:17: plötzlich eine riesige Waage.
00:04:19: Komischer Laden ist das hier.
00:04:21: Ist das so eine Bodenwaage hier?
00:04:23: Eine Brückenwaage.
00:04:24: Soll ich mal darüber gehen, geht das dann?
00:04:26: Ja.
00:04:27: Oder muss die erst 40 Kilo dreck und...
00:04:29: Ach so, ja plus...
00:04:31: Ah, die ist falsch eingestellt.
00:04:34: Ich bin da eigentlich 100 Kilo.
00:04:35: Das ist ne Frechein.
00:04:37: Hauptsache, der Lutz hat Spaß.
00:04:38: Der soll sich mal lieber um seinen Acker kümmern.
00:04:40: Hier liegt ja überall noch Gdöns rum.
00:04:42: Oder soll das so?
00:04:43: Dann hier liegen noch so Rest, würde ich sagen.
00:04:46: Das ist so trocken, das kam vor...
00:04:47: Dieser Fläch ist im letzten Jahr Getreide gewachsen.
00:04:49: Ja.
00:04:50: Nach dem Getreide haben wir eine Zwischenfrucht ausgesäht.
00:04:53: Da kommen wir schon so in diesen regenerativen Aspekt.
00:04:56: Im Grunde genommen will man, so lange wie möglich,
00:04:59: im Laufe des Jahres, gesehen, eine lebende Wurzel im Boden.
00:05:02: Ja, die ist noch die Wurzel drin, ne?
00:05:04: Genau.
00:05:05: Hier hat es bis in den Winter hinein eine hohe Zwischenfrucht gestanden.
00:05:09: Alles, was man hier jetzt sieht und so, wie sie das anfühlt,
00:05:11: ist ein bisschen weich.
00:05:13: Das haben die Wurzeln gemacht.
00:05:15: Und die Wurzeln ist unsere Bodenbearbeitung.
00:05:17: Das heißt, ihr müsst gar nicht mehr umgraben,
00:05:18: weil der Boden ist noch weich.
00:05:19: Genau.
00:05:20: Und das wird quasi dadurch erreicht, dass man dem Boden so wenig
00:05:24: wie möglich der Witterung aussetzen will und dem Regen,
00:05:27: sondern dass man eigentlich immer eine Bedeckung hat,
00:05:29: ein Blätterdach.
00:05:30: Dieses haben wir jetzt gewalzt beim Frost im Januar.
00:05:33: Selbst das ist alles umgeknickt und ist dadurch auch abgestorben.
00:05:36: Das war auch Ziel, weil hier jetzt in der nächsten Woche
00:05:39: irgendwann Zucker rübengesäht werden.
00:05:41: Okay, okay, mein frechen Kommentar zum Schein
00:05:43: bei unaufgeräumten Acker, nämlich zurück.
00:05:45: Zumal es ja bekanntlich eh viel mehr auf die inneren Werte ankommt.
00:05:49: Und nach denen grabe ich jetzt mal.
00:05:51: Was hier nicht so umgewählt ist, bleibt einfach liegen.
00:05:53: Das bleibt einfach liegen,
00:05:54: weil das ist das Futter für die Regenwürmer.
00:05:56: Jetzt habe ich hier so einen Brocken rausgefischt.
00:05:58: Genau.
00:05:59: Und da ist jetzt bestimmt schon was Lebensdrinne, oder?
00:06:00: Ja, können wir mal gucken, ob wir irgendwas finden.
00:06:02: Das ist nicht die richtige Zeit, das ist ja noch relativ kühl.
00:06:05: Aber guck mal, da sind sie schon.
00:06:06: Und die Regenwürmer machen die Makroporen,
00:06:08: die wir gerne haben wollen,
00:06:10: weil die Makroporen...
00:06:11: ...schön dicke Löcher...
00:06:12: ...dicke Löcher.
00:06:13: Der Regen kann durch diese Löcher tiefer in den Boden einsickern,
00:06:16: als wenn es nur auf der Oberfläche einziehen würde.
00:06:19: In dem Moment hat man oben eine schlammige Geschichte.
00:06:22: Und unten der Boden ist verschlemmt.
00:06:24: Und das kann da nicht direkt rein das Wasser.
00:06:26: Und dann haben wir nach dem Gewitterschauer Sonnenschein,
00:06:28: wie das häufig so ist.
00:06:29: Und dann geht die Hälfte des Wassers nach oben verloren.
00:06:31: Ja.
00:06:32: Und wenn ich genug Gropporen habe, also Regenwurmgänge,
00:06:35: dann gehen diese 50 Millimeter in kürzter Zeit in den Boden rein.
00:06:39: Und er nimmt das Wasser komplett auf.
00:06:40: Und es steht über eine längere Zeit zur Verfügung.
00:06:43: Dass es mit den Wurzeln wieder nach oben befördert wird.
00:06:45: Ist der Regenwurm eigentlich euer wichtigster Mitarbeiter?
00:06:47: Das ist unser wichtigster Mitarbeiter neben den Wurzeln.
00:06:49: Einfach den Regenwurm die ganze Arbeit machen lassen?
00:06:52: Wie praktisch.
00:06:53: Aber warum machen das nicht alle Landwirte so?
00:06:55: Wissen die einfach nicht, dass das geht?
00:06:57: Also, Landwirte sind unterschiedlich sensibel für dieses Thema.
00:06:59: Mhm.
00:07:00: Du bist sehr sensibel.
00:07:01: Das hat ja auch gewisse Risiken.
00:07:03: Also, eine Bodenbearbeitung mit einer Saatbettbereitung und einer Aussaat
00:07:07: wirkt wie eine Versicherung.
00:07:08: Wenn ich das zu einer bestimmten Zeit bearbeite
00:07:10: und es ist so ein Wetter wie heute, wunderbare Sonne, es lüftet oben ab,
00:07:14: dann kann ich da ein Saatbett von machen
00:07:16: und kann mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit erfolgreich eine Aussaat platzieren.
00:07:20: Alle Körner, die man da in diesen dann bearbeiteten Boden legt,
00:07:23: die gehen auf.
00:07:24: Hier sind wir so ein bisschen rauer, viel organisches Material.
00:07:27: Es könnte auch ein kleines Saatkörnchen unter so einer dicken Matte liegen.
00:07:30: Und tut sich sehr schwer, da erst durchzukommen.
00:07:33: Das müssen vom Ertrag quasi weggeht.
00:07:34: Das kann passieren.
00:07:35: Die Risiken steigen.
00:07:36: Ja, das sind unter diesen Pflanzenresten und überall sind Spinnentiere
00:07:42: und Tausend Füßler und Käfer und Würmer und alles Mögliche,
00:07:48: was auch an einer kleinen Pflanze knabbern könnte.
00:07:51: Die Pflanze specken einfach gut.
00:07:52: Zum Beispiel.
00:07:53: Und da im Boden schlummert noch einiges mehr.
00:07:55: Nicht nur hungriges Viehzeug und nützliche Regenwürmer,
00:07:58: sondern auch noch praktische Pilze.
00:08:01: Pilze sind gut für eine gesunde Entwicklung von Pflanzenbeständen,
00:08:05: weil sie eine Sympiose eingehen mit den Wurzeln.
00:08:08: Ein Pilz kann ja keine Fotosynthese betreiben und hat keinen Zugangzugzucker
00:08:12: und verbindet sich quasi an der Wurzel.
00:08:15: Die Pflanze liefert dem Pilz Zucker.
00:08:17: Damit kann der sein Stoffwechsel betreiben und belohnt die Pflanze
00:08:21: über Zulieferung von Spurenelementen, aber auch Enzymen und andere Botenstoffe.
00:08:26: Also Wind, Wind.
00:08:27: Und das ist das, was Pflanzen gesund macht.
00:08:29: Gesunder Boden, gesunde Pflanzen.
00:08:31: Die Vorteile der Direktsaat, so nennt man den Ackerbau ohne Bodenbearbeitung
00:08:35: übrigens, hab ich soweit verstanden.
00:08:37: Zeit, weiter im Kreislauf zu gehen.
00:08:39: Vom Feld in Silo.
00:08:40: Yes.
00:08:41: Und das, was da gewachsen ist, liegt direkt hier im Silo.
00:08:44: Genau, und ist ja unser Futtervorrat für das ganze Jahr.
00:08:47: Und es ist genauso, als ob man Sauerkraut macht.
00:08:49: Ist der gleiche Vorgang.
00:08:50: Das hält sich, ne Fermentierung.
00:08:51: Genau, ja.
00:08:52: Mächs-Euregierung.
00:08:54: Das ist ja riesig.
00:08:54: Ich hab jetzt von aus gedacht, das ist vielleicht doppelt so groß wie ich,
00:08:57: aber dreimal Stimmte.
00:08:58: Ihi, das ihi.
00:08:59: Kann mich gar nicht konzentrieren, weil ich...
00:09:00: Oh, lecker.
00:09:01: Das riecht wirklich sauer.
00:09:02: Wie Brot.
00:09:03: Das kann man jetzt nicht in den Mund stecken.
00:09:05: Oh ja.
00:09:07: Ja, pH 4,3.
00:09:09: Oh, das ist ein bisschen wie Cola.
00:09:12: Oh, das schmeckt ja scheiße. Ja, super, tolles Produkt.
00:09:15: Super. Die kühle Leben ist.
00:09:17: Das ist ja schön und gut, aber meins ist es nicht.
00:09:20: Und wie immer setzt bei mir erst nach dem Ausprobieren der Denkprozess ein.
00:09:24: Was genau habe ich mir da eigentlich gerade reingezogen?
00:09:26: Das ist ja eine Maisilage hier.
00:09:28: Es wurde klein gehäckselt, Körner sind quasi so klein wie möglich aufbereitet.
00:09:32: Das ist alles drin, das ist die ganze Pflanze.
00:09:34: Hier ist mal ein großes Kornteil, das wollen wir gar nicht so gerne.
00:09:37: Es lässt sich technisch manchmal nicht verhindern.
00:09:39: Aber die Kühe können das doch essen, so ein großen Korne?
00:09:41: Klar, aber je kleiner das Korne ist, das so besser läuft es innerhalb der Verdauung,
00:09:47: sodass wenig Energie unverdaut ausgeschieden wird.
00:09:51: Wir haben zwar noch die Biogasanlage hinterher,
00:09:53: aber eigentlich wollen wir erst mal die Kühe füttern.
00:09:55: Gutes Durchwort.
00:09:56: Zu den Kühen müssen wir als nächstes.
00:09:58: Aber bevor wir zum Stall aufbrechen, fällt mir noch was auf.
00:10:01: Ein bisschen Abseits liegt noch ein kleiner abgedeckter Restfutter.
00:10:04: Warum darf das nicht zu dem anderen dazu?
00:10:07: Wir kochen einen Eintopf.
00:10:09: Jeden Tag, dieser Eintopf ist eine totale Mischration, TMR genannt.
00:10:14: Echter gibt es eine Abkürzung, dafür gehört es dazu,
00:10:17: dass die Komponenten, die wir dort einmischen, getrennt voneinander gelagert werden,
00:10:21: damit wir gestalten können, wie viel von jeder Zutat in die große Mischung soll.
00:10:25: Na dann mal nichts wie ab zum Stall, wo dieser leckere Eintopf verköstet wird.
00:10:30: Wobei der Stall im Fall von Luzia gar nicht stimmt.
00:10:33: Du hast mehrere, ich habe drei gesehen und die sind wahnsinnig groß.
00:10:37: Die sind tierisch lang und haben so eine grau-blätterunde Kuppel.
00:10:41: Wir haben ein Zelt gebaut für unsere Kühe.
00:10:43: Findet man nicht ganz so häufig.
00:10:45: Wo wir jetzt stehen, ist ein Bereich, der unseren Kühen ermöglicht,
00:10:48: einen Außenklimareitz zu bekommen, ein sogenannte Laufhof.
00:10:51: Hier ist ein Stück offenes Dach und dann geht es hier noch mal weiter
00:10:54: in so einen kleinen Carport, würde ich sagen.
00:10:56: Genau. Die Liegeboxen sind einzelt überdacht.
00:10:58: Das ist eine sogenannte Couchette.
00:11:00: Hier haben wir die Möglichkeit, dass die Tiere die Morgensonne genießen können,
00:11:04: den Schatten oder auch die Regentropfen oder die Schneeflocken.
00:11:08: Das wird auch tatsächlich angenommen.
00:11:10: Täglich einen Eintopf gekocht bekommen, die Morgensonne und Schneeflocken genießen.
00:11:14: Dieses Wellnesszelt muss ich mir von innen anschauen.
00:11:17: Da können mich auch keinen leppischen Warnschilder aufhalten.
00:11:20: Hier steht bei dir am Kuhstall betreten verboten.
00:11:22: Wollen wir mal kurz reingehen? Bitte.
00:11:23: Betreten verboten, hier bin ich.
00:11:25: Hier sind wir schon mittendrin in unserem Zelt für Kühe.
00:11:28: Das hat so ein bisschen was von Schützen fest.
00:11:30: Ja, es ist ein großes Schützenfest.
00:11:32: Das ist 100 Meter lang das Zelt und 20 Meter breit.
00:11:35: Ach was.
00:11:36: Ja, das ist unsere Top-Kuh sozusagen.
00:11:38: Könnte Holstein-Frisian-Kuh sein.
00:11:40: 100 Punkte.
00:11:41: Stand auf meinem Skript vorher.
00:11:43: Um den Kreislauf weiterzudenken, ist jetzt hier eher das, was die Kuh da drüben macht.
00:11:48: Die frisst was, natürlich kommt zwischendurch Milch raus,
00:11:51: aber am Ende kommt da auch hinten was bei der Kuh raus.
00:11:53: Wie nennen wir das?
00:11:54: Das ist Gülle.
00:11:55: Ach nee, das finde ich langweilig.
00:11:56: Haben wir ein schönerer Begriff.
00:11:57: Kotangemisch.
00:11:58: Kotangemisch kann ich noch nicht gehört.
00:12:00: Das finde ich schön, das nehmen wir.
00:12:01: So, dies hier ist der Abwurfschacht.
00:12:04: Da fließt es auch gerade drinnen lang, wird zugepumpt.
00:12:06: Eeeh, das ist ja ein reißendes Gewässer.
00:12:09: Genau, und es wird jetzt gerade zu der Biogasanlage gepumpt.
00:12:12: Aber in einem Tempo und in ähnlich hohem Tempo ziehen auch wir weiter.
00:12:16: Zur Biogasanlage.
00:12:18: Sieht ja jetzt hier aus wie eine Fabrik plötzlich.
00:12:20: Und kann man da, ist das ein Fenster, kann man da reingucken?
00:12:22: Ja, aber es geht nur nach innen auf,
00:12:24: und so lange der Behälter voll ist,
00:12:26: kriegt man auch dieses Fenster nicht auf.
00:12:28: Ich verstehe, ich möchte es auch nicht aufhaben.
00:12:30: Genau, im Moment drehen sich hier die Windmühlen
00:12:32: und es scheint auch noch die Sonne.
00:12:33: Das heißt, wir haben eigentlich viel Strom
00:12:35: aus regenerativen Energien in dem Stromnetz
00:12:38: und jetzt geht langsam die Sonne unter.
00:12:40: Ja.
00:12:41: Und dann bekommt dieser Motor seinen Startbefehl.
00:12:43: Wenn der Preis steigt, weil die Solaranlagen nicht mehr einspeisen,
00:12:46: dann fängt dieser Motor an zu laufen.
00:12:47: Ach, Quart, das ist ja cool.
00:12:48: Wo kommt denn dieser reißende Fluss raus?
00:12:50: Von der Kotarnmischung.
00:12:52: Der muss ja irgendwo da lang geflossen.
00:12:54: Wo kommt der an?
00:12:55: Es kommt in einem Kellerbehälter sozusagen an
00:12:58: und wird von da aus aber in einer Rohrleitung in die Diabas.
00:13:00: Okay, kann ich nicht rein in das Rohr.
00:13:02: Schade, da komme ich leider nicht rein in das Rohr.
00:13:04: Wo wir aber direkt danach hinkommen, ist zum Kälbersteil.
00:13:07: Da bin ich ja eigentlich mittlerweile gewohnt,
00:13:09: dass die in diesen Iglus gehalten werden.
00:13:12: Bei Lutz sieht es aber eher aus wie einen Garagenhof.
00:13:15: Also wir wollen gerne das Iglu Zeitalter hinter uns lassen.
00:13:18: Wir haben hier dazu im letzten Jahr diesen Stall hier errichtet.
00:13:21: Wir sehen hier jetzt die Boxen für die größeren Kälber,
00:13:24: die nicht mehr in den ersten vier Lebenswochen sind.
00:13:27: Und deshalb als Gruppe gehalten werden.
00:13:29: Wie viel habt ihr denn hier?
00:13:31: Hier sind im Moment, denke ich, 130 Kälber.
00:13:33: In vier Wochen wird hier das Gleiche nochmal errichtet,
00:13:36: wie auf der Seite.
00:13:37: Ach so, wird noch gebaut.
00:13:38: Und dann wollen wir uns von den Iglus trennen.
00:13:40: Und auch wenn es mir mal gefällt,
00:13:42: einfach so bei den Kälbchen zu stehen und zu quatschen,
00:13:44: auch hier gibt es die Verbindung zur regenerativen Landwirtschaft.
00:13:47: Die grauen Kälber sind Kuhkälber aus der Besamung unserer Kühe
00:13:51: mit Fleischrasse.
00:13:52: Wir nennen sie Stakies.
00:13:53: Das ist ja sehr empathisch.
00:13:55: Und die sind das Bindeglied zu der Integration der Tierhaltung
00:14:00: in den Kreislauf der regenerativen Landwirtschaft.
00:14:02: Diese bleiben hier bei uns im Betrieb und beweiden im Sommer
00:14:06: die Sommerweiden und in den Winter hinein die Zwischenfruchtblechen.
00:14:10: Und damit hat man eine Beschleunigung des Kohlenstoffkreislaufes,
00:14:14: die man in der Fremdschule, die Fotosynthese aus dem 2.
00:14:17: halb Jahr nach der eigentlichen Ernte auf der Fläche,
00:14:20: alles was da noch gewachsen ist, von diesen Fleischrindern gefressen wird,
00:14:24: verdaut, ausgeschieden.
00:14:25: Damit steigt die Fruchtbarkeit der Flächen und die Nutzung
00:14:29: in Form des Fleisches.
00:14:30: Das ist der Gegenwert zu den Aussaatkosten der Zwischenfrucht.
00:14:33: Mann, Mann, Mann, scheint so,
00:14:35: als ob Lutz das wirklich alles durchgerechnet hat.
00:14:38: Aber ob sich das mit der regenerativen Landwirtschaft
00:14:41: und der Verstärkung der Flächen vertreten kann,
00:14:43: das verrätemirn unserer letzten Station, dem Melkstand.
00:14:46: Jetzt sag mal Lutz, kommt da am Ende mehr bei rum?
00:14:49: Leider kommt da nicht mehr bei raus,
00:14:51: weil unsere Lebensmittelindustrie das nicht besonders wertschätzt,
00:14:54: zumindest nicht preislich.
00:14:56: Die Botschaften sind herzlich willkommen
00:14:58: und Humusaufbau auf Ackerflächen bedeutet auch gleichzeitig,
00:15:01: dass der CO2-Fußabdruck der Milch deutlich geringer ist.
00:15:04: Was ja erst mal gut klingt.
00:15:05: Genau, aber es fehlt die finanzielle Wertschätzung.
00:15:08: Wir haben bisher umgesetzt,
00:15:10: Änderung der Wirtschaftsweise, Direktsaat,
00:15:12: gesunden Boden, gesundes Futter, gesunde Tiere,
00:15:14: gesunde Nahrungsmittel.
00:15:16: Das ist das eine.
00:15:17: Aber der Gegenwert ist einfach die betriebswirtschaftliche
00:15:20: Ausrichtung des Betriebes,
00:15:22: dass eben in einem schlanken Verfahren der Direktsaat
00:15:24: zum Beispiel auch Kosten gespart werden können.
00:15:26: Salopp zusammengefasst, reich,
00:15:28: wird man mit der regenerativen Landwirtschaft nicht.
00:15:31: Gibt es trotzdem noch mehr, die wir Lutz daran glauben?
00:15:34: Oder ist er der relativ allein auf dem Regenwurm durchsetzten Acker?
00:15:37: Wenige, die das so machen, in der Hoffnung, dass das mehr werden.
00:15:40: Das ist unsere Botschaft, die wir äußern,
00:15:43: wenn jemand hier diesen Betrieb besucht.
00:15:45: Weil wir glauben, dass das sehr gute Verknüpfung sind,
00:15:47: die insgesamt Klimaschutz, Boden, Fruchtbarkeit,
00:15:50: Gesundheit miteinander verknüpfen.
00:15:52: In der Tat habe ich regenerative Landwirtschaft
00:15:54: bisher auch recht selten gehört.
00:15:56: Im Gegensatz zu Bio zum Beispiel,
00:15:58: das begegnet einem ja als Siegel ständig,
00:16:00: allein schon beim Einkaufen.
00:16:02: Wo genau ist da der Unterschied?
00:16:03: Der Unterschied unseres Betriebes zu einem Biobetrieb ist,
00:16:06: dass wir den chemisch-synthetischen Werkzeugkasten,
00:16:09: den Landwirtschaft an der Hand hat,
00:16:11: was wir gerne dosiert einsetzen wollen, nutzen,
00:16:14: um eine kompliziertere Aussaat,
00:16:16: unter schwierigen Bedingungen in Direktsaat, abzusichern.
00:16:19: Um auch eine Arbeitsproduktivität zu erreichen,
00:16:22: die uns in die Lage versetzt,
00:16:24: unsere Mitarbeiter zu bezahlen.
00:16:26: Die Möglichkeit des Herbizideinsatzes
00:16:29: ist eigentlich der letztverbliebende Unterschied
00:16:32: zu einem Bio-Verfahren.
00:16:34: Ja, okay. Hab ich gecheckt.
00:16:36: Aber möchte Lutz daran noch was ändern?
00:16:38: Ist es das Ziel irgendwann, Bio zu sein?
00:16:40: Ich glaube, dass wir sehr gut nebeneinanderher existieren können
00:16:43: und dass eben diese schwarz-weiß Trennung
00:16:46: der Sache nicht gerecht wird.
00:16:48: Ich glaube, dass wir in Direktsaat mit Glyphosat
00:16:50: ein besseres Bodenleben und mehr Biodiversität
00:16:52: auf dem Acker sehen.
00:16:54: Im Vergleich zu einem Bio-Verfahren,
00:16:56: was mit Flügen und 3-5 Striegel oder Hack einsetzen
00:16:59: in Verbindung steht,
00:17:01: dort maximaler Eingriff in den Boden erfolgt.
00:17:04: Zum Thema Glyphosat empfehle ich euch ganz frech Folge 2
00:17:07: von Stadt Landku.
00:17:09: Damals hat sich Baby Teemo alles zu dem Thema
00:17:11: von Bauer Amus erklären lassen.
00:17:13: Heute bei Lutz sind wir soweit aber erstmal durch im Kreislauf.
00:17:16: Aber ein Thema vom Anfang war doch noch offen.
00:17:19: Ach so, die Hofübernahme.
00:17:21: Dafür müssen wir seine Söhne Johannes und Joost,
00:17:23: 9 und 10 Jahre, nochmal liebevoll heranzitieren.
00:17:26: Johannes! Joost, komm her.
00:17:28: Ihr werdet berühmt. Nächste Generation Landwirtschaft.
00:17:31: Lassak, komm hier an. Wenn ich jetzt so den alten Vater-Spruch mache.
00:17:34: Und Dorthy wird alles mal dir gehören.
00:17:36: Also ich würde es machen. Ich würde es auch machen.
00:17:39: Wir haben es auf Band. Wir können hier abbrechen an der Stelle.
00:17:42: Nachfolge ist gesichert. Witzbeutel.
00:17:44: Also ich als erfahrener Witzbeutel sage,
00:17:46: wenn der Hof mal an einen meiner jüngeren Kollegen übergeben wird,
00:17:49: gibt es hier nichts zu befürchten.
00:17:51: Zeit, sich vom Acker zu machen.
00:17:53: Aber natürlich nicht ohne vorher den Löffel sparten abzugeben.
00:17:56: Es ist jetzt die Zeit, um die Schaufel abzugeben.
00:17:59: Ich trage die noch hier mit mir rumfleißig.
00:18:01: Die hat mir vier Dienste geleistet. Aber es ist eigentlich da eine.
00:18:04: Ich bin fertig. Danke dir.
00:18:05: Ja, danke auch.
00:18:06: Stadtland Kuh. Eine Produktion von Lichland Niedersachsen.
00:18:10: [Musik]
Neuer Kommentar